Von Jean Paul an Johann Friedrich Freiherr Cotta von Cottendorf. Bayreuth, 20. April 1810.

Zum TEI/XML DokumentZur originalen Webseite

Brieftext

Eilig
Bayreuth d. 20. Apr. 1810

Hier mein Aufsatz, der mit seinem ernsten Inhalte der Bestimmung
Ihres Damen-Kalenders entsprechen will.

Da ich in meinen Haushaltungs Rechnungen kaufmännische Be
stimmtheit habe: so werden Sie es blos für eine Nachahmung der
Ihrigen hoff’ ich ansehen, wenn ich Sie bitte, daß Sie für die
Kleinigkeiten in Ihrem Morgenblatte — von der Bitte an den
Merkur Ende Dezembers 1808 an bis zu den Aufsätzen Ende De
zembers 1809, welches zusammen fünf Aufsätze sein werden — mir
nach unserem neuesten Kommerzientraktate eine Anweisung an wen
Sie wollen, übermachen möchten.


Hat die Zensur nur einzelne Gedanken und Wendungen in
meinen ungedruckten Aufsätzen für das Morgenblatt ausgestrichen:
so könnt’ ich leicht abhelfen durch zehn neue für fünf alte.


Über den Oberförster Wolf will ich Ihnen nächstens Novitäten
sagen, wenn nicht geben. Dank sind wir ihm aber doch schuldig,
nämlich die treffliche Satire Weissers, welcher als ein wahrer
satirischer SimsonEr wächst zusehends von der Rabnerschen Satire (Witz hat er ohnehin
1000 mal mehr als Rabner) zur brittischen hinan.
die Kinnbacke des Titelblatts-Kopfes hand
habte. Gleichwol ist der Verfasser — Doct. Ehrmann in Frankfurt
— ein Mann von vielem Witz und Wissen und der wirklich zum
Vortheil einer armen Familie das Buch aus deren Papieren ge
macht.


Leben Sie wol, besonders auf der Messe!
Ihr
J. P. F. Richter

N. S. Eben bekomm’ ich einen Brief von unserem trefflichen
Wagner. Da er mich fragte, ob ich am Titel seines schon nach
einigen Proben mir so gefallenden Abc. nichts zu ändern finde:
so werd’ ich ihm mit nächster Post antworten, daß ich allerdings
am Titel „Lesebengel“ entweder in Leseschütz oder Abcschütz oder
Buchstabierschütz oder Abc- und Lese-Schütz zu ändern fände. Ists
möglich, so lassen Sie den — stets zurück stoßenden — Titel „Bengel“
ungedruckt bis er entscheidet.


Textgrundlage

Jean Pauls Sämtliche Werke, Historisch-kritische Ausgabe. Dritte Abteilung, Band 6. Hrsg. v. Eduard Berend. Berlin: Akademieverlag, 1952.

Kommentar (der gedruckten Ausgabe)

H: Cotta-Archiv. 3⅔ S. 8°. Präsentat: 25 April 1810, [beantw.] 27 —. K: Cotta 20 Apr. B: IV. Abt., VI, Nr. 71. A: IV. Abt., VI, Nr. 74. 98,27 ernsten Inhalte] aus Ernste H 99,6 möchten] aus wollten H 14 Doct.] aus Profess. H 23 mir so gefallenden] aus vorzügl. H finde] aus fände H 25 am Titel] nachtr. H 27 stets] aus immer H 34 Rabnerschen] aus Rabenerschen H

Mit der Erzählung „Die Eltern-Liebe gegen Kinder“, die im Taschenbuch für Damen auf 1811 erschien (I. Abt., XVII, 110). Zensur: Cotta hatte geschrieben, die Zensurgeschichte sei noch nicht in Ordnung, er gebe sich nicht so leicht zufrieden. Wolf: vgl. IV. Abt. (Br. an J. P.), VI, Nr. 49 und 69. Satire Weissers: „Nothwehr in fremdem und eigenem Namen. Oder Vertheidigung eines unschuldig Leidenden und meiner selbst. Von Tullian Lips usw.“ im Morgenblatt v. 24. Febr. 1810, Nr. 48. Das Titelblatt des Wolfschen Buches hat einen Eselskopf als Titelkupfer. Wagner: vgl. Nr. 259†. Cotta antwortete: „Ihre Bemerkung wegen Wagners Titel ist sehr begründet und soll befolgt werden.“

How to cite

Jean Paul - Sämtliche Briefe (statisch), herausgegeben von Hanna und Ronja, LaLe 2025 (https://acdh-tool-gallery.github.io/jean-paul-briefe-static/VI_257.html)