Von Jean Paul an Johann Georg Dürrschmidt. Bayreuth, 10. November 1810.
Brieftext
Ew. hab’ ich auf Ihr werthes v. 30 Okt. zu antworten:
Erstlich hab’ ich nie die Erbschaft meiner Mutter angetreten,
weil keine da war, indem sie selber wie mein jüngster Bruder
die
10 letzten Jahre ihres Lebens von mir erhalten wurde
und sie zu
letzt auf meine Kosten beerdigt.
Daher auch, obgleich mein mino
renner
Bruder nebst 2 andern noch lebte, die Obrigkeit keine Notiz
von dem leeren Trauerhause genommen. Den minorennen, der
nun
todt ist, nahm ich sogleich nach Leipzig mit, um ihn studieren zu
lassen. Folglich hab’ ich keine Verpflichtung zur
Bezahlung der
Schuld, nämlich auch nur des 4 Theils
derselben.
Denn zweitens unserer Brüder waren bei der Mutter Tode,
wie
schon gesagt, vier.
Drittens — was die Sache entscheidet — hab’ ich aus meinem
Beutel die Schuld bei Lebzeiten meiner Mutter aus Liebe
gegen
diese und gegen meinen alten Lehrer bezahlt. Der
Beweis ist ein
eigenhändiger Brief des seel. Werners selber, den Sie bei Herrn
Superintendent V[ogel]
einsehen und konfrontieren können. Zurück
gefodert hab’
ich den Schuldschein nicht, weil ich gar nicht wußte,
daß einer da war, indem ich mich zur Zeit seiner Ausstellung 1781
in Leipzig als Student befand. Mithin kann ich so wenig
etwas
zahlen als mein nachfolgender
[?] Bruder, ein Balbiergesell, der
ohnehin nichts hat etc.
How to cite
Jean Paul - Sämtliche Briefe (statisch), herausgegeben von Hanna und Ronja, LaLe 2025 (https://acdh-tool-gallery.github.io/jean-paul-briefe-static/VI_382.html)