Von Jean Paul an Friederike Wilhelmine Caroline. Bayreuth, Ende April 1814.
Brieftext
Die Vaterliebe hat die Levana geschrieben, der Mutterliebe
ist
sie zugeeignet. Der Verfasser hat keine andere Entschuldigung
seiner
Dedikazion als die Hoffnung, daß Sie deren
[?] — Wahrheit ver
zeihen, welche, obwol eine angenehme, doch
keine neue ist. In der
Begeisterung für eine hohe
Fürstin-Mutter, welche unähnlich
manchen andern mit ihren
Kindern nicht nur lacht sondern auch
leidet, wurde die Zueignung gerade in der Zeit geschrieben,
da die
Vorsehung die heiligste Liebe der Erde, — die
mütterliche, — am
Krankenbett eines theuren Kindes
weinen und bluten ließ. Ihr sei
Dank, daß sie diese heiligen
Wunden zugeschlossen und nichts von
ihnen zurückgelassen als
das lohnende Andenken der gebrachten Opfer.
Ziehe nie mehr
eine solche kalte Wolke über Ihr liebendes Herz
und bleiben
Sie von einer fünffachen Aurora der Zukunft umgeben
stets in einem Himmel glänzend, den nichts
verschattet 〈trübt〉. Und
wer verdiente mehr den hellesten
Himmel als wer ihn gerne allen
Herzen gäbe und gibt, nicht
blos den theuersten 〈theuern nächsten〉,
sondern auch den
wunden.
How to cite
Jean Paul - Sämtliche Briefe (statisch), herausgegeben von Hanna und Ronja, LaLe 2025 (https://acdh-tool-gallery.github.io/jean-paul-briefe-static/VI_869.html)