Von Jean Paul an Johann Friedrich Freiherr Cotta von Cottendorf. Bayreuth, 10. Juli 1814.

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Brieftext

Baireuth d. 10 Jul. 1814

Werthester Cotta! Haben Sie Dank für Ihre Schreibgüte unter
Ihrer Schreiblast. Meine Bewunderung Ihres Gedächtnisses
vertrug sich gut mit der Zurücksendung Ihres Briefes, weil Sie
darin, wie Sie lasen, ja selber mich baten, Sie zu erinnern.


Indeßen ist doch in Ihrer Berechnung eine Unrichtigkeit, aber
freilich — so wie bei dem Druckfehler Carolinie, wo mir der böse
Geist muß das Land Carolinia vorgegaukelt haben — durch meine
Schuld. Sie rechnen nämlich den Bogen Mars zu 3 Ld. In meinem
Briefe am 18 März, womit ich Ihnen den Aufsatz über die Träume
schickte, sagte ich, da Sie wie wahrscheinlich schon ohne Vertrag
die Druckexemplare bestimmt hätten, so bät’ ich Sie um 6 Ld’or;
nur im Falle, daß es ginge wie mit der Levana, um das Gewöhn
liche. Sie sehen leicht, daß ich hier nicht zwischen 6 und 3 alter
nieren konnte, sondern zwischen 6 und 5, wie bei dem Museum.
Wie könnt’ ich ein neues Buch, das noch dazu wie ich dort anführe,
aus lauter Epigrammen besteht, bei meinem jetzigen durch Kritik
und Jahre größern Aufwand von Zeit und Kraft,In 1 Vormittage von 9 bis 1½ Uhr bring’ ichs, Vorbereiten und Aus feilen eingerechnet, nicht über zwei Quartseiten. Nachmittags steh’ ich auf dem Katheder und sitze unten auf der Bank und lerne etwas von mir. Ich habe zwar Stoff zu noch 50 Werken, aber die Ausarbeitung frißet Zeit und Kraft. um den
Preis einer bloßen neuen Auflage geben, besonders da ja Ihr
Morgenblatt mir mehr gegeben hätte? Sie antworteten mir ohne
nähere Bestimmung: „Ihr Wunsch wird erfüllt“; aber dieser war
natürlich die Zahl 6. Doch lassen wir die kleinliche Auseinander
setzung. Haben Sie nur die Güte, mir das Fehlende gut zu schreiben.
Ich muthe Ihnen bei Ihrer Arbeit keine frühere als eine gelegent
liche Antwort zu, so wie eine auf das Folgende.


Zur Oster Messe 1815 wünscht’ ich nämlich den 2ten Theil der
Blumine zu geben; meine zerstreueten Aufsätze wachsen mir sonst
über den Kopf oder einem Nachdrucker in die Hand.


Ich wollte, die Daemmerungen würden neu aufgelegt — der
Noten wegen, die ich dazu machen möchte. In jene kämen dann
auch die Nachdaemmerungen aus dem Pertheschen [!] Museum.

Nur Einen Wink aus einem halben Dintentropfen gemacht, geben
Sie mir über Ihre neulichen „Herzens Ergießungen“, um die mich
der Teufel gebracht.


Es geh’ Ihnen wol, lieber Cotta!

Ihr
Jean Paul Fr. Richter

Textgrundlage

Jean Pauls Sämtliche Werke, Historisch-kritische Ausgabe. Dritte Abteilung, Band 6. Hrsg. v. Eduard Berend. Berlin: Akademieverlag, 1952.

Kommentar (der gedruckten Ausgabe)

H: Cotta-Archiv. 3 S. 4°; 4. S. Adr.: Herrn D. Cotta / Stuttgart. Präsentat: 13 Juli 1814, [beantw.] 16 —. K (Anfang durchstr. Konzept): Cotta 10 Jul. J: Cotta 1, 394×. 389,33 lasen] oder lesen H baten] aus bitten H 390,4 da] aus wenn 10 meinem bis 11 Kraft] meiner Zeit, Kraft und Geld opfernden Arbeit, deren Langsamkeit mit meiner Selberkritik zunimmt wie mit meinem Alter K 17 frühere] aus andere H. K hat noch folgende Notiz: Ich habe demnach noch 131 fl. von der alten Rechnung gut und 400 fl. vom Museum voraus (obwol Vertraggemäß). Daß er mir noch die Hälfte für Mars schuldig ist.

Carolinie: vgl. 388, 32; Cotta hatte offenbar geschrieben, es habe so im Manuskript gestanden. Das Land heißt übrigens auch Carolina.

How to cite

Jean Paul - Sämtliche Briefe (statisch), herausgegeben von Hanna und Ronja, LaLe 2025 (https://acdh-tool-gallery.github.io/jean-paul-briefe-static/VI_899.html)