Von Jean Paul an August Leopold Emil. Bayreuth, 13. Dezember 1804.
Brieftext
Hier send’ ich Ihrer Durchlaucht das Manuskript, dem ich recht
viel Werth anwünsche, damit es die Ehre, Ihren Namen schon
auf
dem Titel zu führen, einigermassen verdiene. Ob ich
Ihren letzten
Brief zu den öffentlichen legen sollte, ward ich wegen des
ästhetischen
Werths auf die eine Weise, und wegen der
scherzhaften Foderungen
darin auf die andere zweifelhaft
gemacht. Ich that daher beides,
machte zwei entgegengesetzte
Blätter, wovon Sie gütig entweder das,
welches die Publizierung
des Briefs voraussetzt und begleitet, oder das
andere, das
dessen Zurückhaltung ansagt, erwählen werden.Das eine ist
mit Entweder, das andere mit Oder signiert. Zu
sätze
hab’ ich wie sich versteht, nicht gemacht; wer wird die ost
indische Bank beschenken? Bloß einige
Schreibfehler hab’ ich nicht
zu Druckfehlern werden lassen; —
einmal hab’ ich einen Einfall bloß
verpflanzt, den von den Ahnen
ou ânes.
Nur über zwei Stellen muß ich Ihre große übergütige Erlaubniß,
zu ändern, in aller ihrer Stärke reklamieren. Die erste betrifft die
Königinn von Preußen, welche als eine Dame von solchem
Werthe
durch einen Fürsten und zwar von solchem Geiste unmöglich
ein
Gegenstand eines öffentlichen Scherzes sein darf, dieß
noch abge
rechnet, daß ich
persönlich der edeln Frau Verbindlichkeiten schuldig
bin. Der
zweite Punkt betrifft den Dekan und die Fakultät. Erwägen
Sie, daß der Einfall eines Fürsten schon an und für sich durch
die
Höhe, aus der er kommt, wie der Hagel stärker
aufschlägt, daß vollends
ein witziger gar ein Blitz wird, der
vernichtend herabfährt: so
werden Sie nie diese
Zerschmetterung eines unschuldigen Mannes,
der an meiner
Dedikazion aus Ungeschmack „den Ton nicht ehr
erbietig genug“ fand, beschliessen können; eine erlaubte Brief
Ergiessung würde sonst eine unerlaubte Sündfluth durch die
Öffent
lichkeit werden. Dasselbe gilt von
Ihren Blitzen gegen die Fakultät,
welche vom fürstlichen
Nutritor öffentlich in die Welt geschleudert
durch Ihren Namen, durch ein ganzes Corpus und durch die Ver
bindung
der zwei andern Nutritoren ein unangenehmes Aufsehen
machen würden. Mein Gewissen so wie meine Liebe für Sie
zwingen
mich, soviel auch Witz dabei untergehe — was kann
aber für Ihr
Steinsalzbergwerk das Verkleiden einiger
Salzsäulen sein? — an Ihr
Fürstenwort, das mir die Auslassungen
erlaubte, mich mit männ
lichen Händen
anzuhalten. Und wie Schade wäre es, wenn eine so
einzige
Erscheinung, wie die Ihrige vor der Welt nicht in einem
reinen
Blau, sondern hinter dem Gewölke der fremden Erbitterung
aufgehen müßte! — Zum Überfluße könnte man gerade an der
Stelle
von Dekan und Fakultät das Zeichen der „Lagunen“ aus
Absicht machen, um die unterdrückte Satire ahnen zu lassen.
Nehmen Sie diesen Brief mit jenen Voraussetzungen auf, in
denen
er geschrieben worden! Gewähren und verzeihen Sie! — Auf
Ihre Antwort wartet der Setzer und noch begieriger
Bayreuth d. 13. Dec. 1804
unterthänigster
J. P. F. Richter.
How to cite
Jean Paul - Sämtliche Briefe (statisch), herausgegeben von Hanna und Ronja, LaLe 2025 (https://acdh-tool-gallery.github.io/jean-paul-briefe-static/V_45.html)