Von Jean Paul an Karl Theodor Reichsfreiherr von Dalberg. Bayreuth, 14. Oktober 1808.
Brieftext
Die eilende Huld, womit Sie die Polymeter beantworteten, ist
ein Beweis von deren Wahrheit mehr. Sie rührt mich desto
inniger,
da Sie auf der Höhe der Zeit und des Ranges, wohin
jene sich ver
flogen, sie so wenig
übersahen als Humboldt die Schmetterlinge auf
dem Chimborasso. Die Güte Ew.
[Hoheit] hat den schönsten Theil
meiner Wünsche erfüllt, der allein die von Ihnen erlaubte
Aus
sprechung der übrigen
entschuldigt.
Ein Verfasser von mehr als 40 Bänden, als arme Waise bisher
blos von der Wissenschaft blos für die Wissenschaft lebend, wagt —
jetzt bei 3 Kriegsjahren, 3 Kindern und 3 vernichteten
Büchermessen
— den Wunsch Einer einzigen Winterpension, um seine
Gesundheit
herzustellen durch mehr Lesen als Schreiben.
Der König von Preussen hatte ihm vor langer Zeit 2 mal schrift
lich eine Präbende versprochen; aber das
heutige Datum sagte schon
vor 2 Jahren Nein dazu. Allein dieser Oktobertag
könnte keines
sagen, wenn ein Hoher — Gönner und Günstling der Wissen
schaften zugleich — das fremde
Versprechen erfüllen wollte, um
einige Unähnlichkeit eines
Königs zu entschuldigen.
Hier hat sich denn die Seele einem Fürst-Geistlichen geöffnet,
in der furchtsamen Hoffnung Seines Vergebens vor dem Geben,
wie
Er denn (ist diese Anspielung nicht zu kühn) auch im höhern
heiligern Sinne zugleich die Absoluzion und das Brod austheilt.
Seelig und selten ist der dichterische Fürst, der als Widerspiel der
pariser Welt, welche mitten im Frühling der lebendigen
Blumen
todt-seidne trägt, sogar im Froste der Zeit und Politik die
lebendigen
der Dichtkunst bei sich und andern pflegt.
Mit alter und neu verjüngter Verehrung des auf dem Thron und
Parnasse verehrten Fürsten bin ich —
How to cite
Jean Paul - Sämtliche Briefe (statisch), herausgegeben von Hanna und Ronja, LaLe 2025 (https://acdh-tool-gallery.github.io/jean-paul-briefe-static/V_582.html)