Von Jean Paul an Johann Gottfried von Herder und Caroline Herder. Leipzig, 17. August 1798.
Brieftext
Ich schicke hier „meine Fata in Nürnberg“ Ihnen, edle Freundin,
vor meinen Fatis in Weimar voraus; denn in künftiger Woche
steht
der Verfasser in Ihrem Zauberkreis, der aber, ungleich
andern
Kreisen, Geister nur um-
nicht ausschliesset. Das bisherige Stil
schweigen meiner Dankbarkeit für Ihre
Gaben, kam blos von dem
immer fehlschlagenden Wunsche her, diese mit einer kleinsten
zu er
wiedern oder selber mein dankendes
Herz zu bringen.
Jezt kan ich beides; ob ich gleich nur wenige Tage zu verweilen
habe, da ich auch nach Gotha wil. — O Sie werden es fühlen, mit
welchem Schmachten ich in dieser dunkeln Zeit, wo jede
bessere Seele
ein Brenspiegel in der Sonnenfinsternis ist, zu
meiner warmen Sonne
gehe! Und warum sol ich noch ein Wort
schreiben, da ich sobald
sprechen kan?
Geliebtester, verehrtester Herder! Endlich bin ich die arabische
Wüste von 2 Jahren hindurch und komme mit unverändertem
Pilgerkleid des Lebens wie ein Israelit, wieder im gelobten
Lande an;
und wil nichts erobern als — Sie.
Die beiden Vorreden des ersten Bändgens werden Ihnen sagen, wie
oft ich mich in Ihre Welten gegen die jezige rette und wie
ich in Ihrem
Geiste meinen wärme.
Vielleicht am Dienstag hab’ ich die Palingenesie meiner
schönsten
Stunde und bin wieder am Herzen, das ich so
unaussprechlich und so
lange ehre und liebe!
How to cite
Jean Paul - Sämtliche Briefe (statisch), herausgegeben von Hanna und Ronja, LaLe 2025 (https://acdh-tool-gallery.github.io/jean-paul-briefe-static/III_120.html)