Von Jean Paul an Paul Emile Thieriot. Weimar, 2. November 1798.
Brieftext
Ich hätte nichts dagegen, lieber Thieriot, wenn Ihr Brief so lang
wäre wie die longimetrische Bratwurst in Königsberg —, bei
seinem
Inhalt. Schnel- und Briefschreiben ist dem Studium der
Leichtigkeit
dienlicher als Langsam- und Bücherschreiben.
Also nur so fort! — Nur
trachten Sie, ausserhalb der
Schreibstunde, nach Wahrheit und Stof;
nach dem Gebäude früher
als der Säulenordnung.
Dieser Brief hat wieder 2 Bitten: die erste ist, zu Kaufman
Schreinert in der Petersstrasse zu gehen (es ist ein kleiner buklicher
aber alter Freund von mir) und ihn um das
Kinder-Taschenbuch
(„Aehrenlese“, glaub ich, noch betitelt), das ich ihm
geliehen zu bitten
und ihm Grüsse zu bringen — die zweite,
bei Beigang sich das 34te
Stük der Rintelschen theolog. Annalen, worin eine
treffende Rezension
meines Kampanerthals steht, für mich geben zu lassen und mir
beide
Bücher, ohne Franko, zu senden. Im
Kinderbuch stehen 2 Aufsäze
von mir, die ich neu umgiessen wil. — Vergeben Sie mir,
redlicher
warmer Jüngling, diese Plagereien. —
Die Berlepsch, wie überhaupt die höheren Weiber, sind
keine
Charaden und Endreime, womit man in Einem Besuche fertig
ist.
Schrieb ich weniger eilig: so malt’ ich Ihnen meine 60 Himmel
(in jeder Stunde) — meine Verhältnisse und Freunde — und alles
wornach ich mich so lange gesehnt.
Der Himmel — und zwar ein jonischer — wache über Ihr
Blühen!
Sie schicken alles geradezu an mich.
How to cite
Jean Paul - Sämtliche Briefe (statisch), herausgegeben von Hanna und Ronja, LaLe 2025 (https://acdh-tool-gallery.github.io/jean-paul-briefe-static/III_147.html)