Von Jean Paul an Paul Emile Thieriot. Weimar, 7. Dezember 1799.
Brieftext
Mein guter Thieriot! Die späte Heimkunft Ihrer Epigrammen ist
fast eines auf den guten W[ieland], der sie anfangs
beherbergen wolte
und dan doch Gott weis warum gehen lies. Ihre Vorrede dazu
ist
vortreflich.
Die Aurora geht erst anno 1 auf,
was mir in der Werkstat meines
Titans lieb ist.
Lesen Sie doch Jacobi an Fichte, was ich im Mspt schon
gelesen;
und Neeb’s „Vernunft gegen
Vernunft“ die mir Jakobi empfahl und
ich andern. Ich size jezt ganz im babylonischen Thurm des
Fichtianis
mus fest, vol Bewunderung des
Architekten und vol Unglauben an
die Höhe, wozu er ihn bauen
wil. Ich halte jezt die Luftschlösser der
philosophischen
Lehrgebäude für eigentliche Spizbubenherbergen und
Schwefelhütten. Können Sie mir nicht vom philosophischen Magazin
das Stük mit dem Aufsaze „Ideen zu einer Apodiktik“ bei Beigang
verschaffen?
Die Reisen unter Sonne etc. hat ein guter Mensch in Erfurt, Borg
denk’ ich, geschrieben; Spangenberg
aber die Zauberlaterne, die
sehr gut 〈besser〉 ist.
Wieland macht seine Gespräche unter 4 Augen durch eine
neue
Dezemberblüte seines immer treibenden Geistes
wieder gut, „Briefe
über Aristip“. Ich arbeite am 2ten
Band des Titans; Göthe am Vol
tairschen Muhammed; Herder sezt den
anti- und metakritischen Kampf
fort.
Schreiben Sie mir viel, Lieber, und nehmen ganz schwarze Dinte,
die ich dan — das ist meine Sache — schon vom grauen Papier
unter
scheiden wil. Mög’ Ihnen der
Kaiser Justinian und seine Frau sanfter
thun als den Klienten! Schreiben Sie mir noch weit mehr
litterarische
Novellen als ich!
Sind meine Briefe etc. irgend wo rezensiert?
How to cite
Jean Paul - Sämtliche Briefe (statisch), herausgegeben von Hanna und Ronja, LaLe 2025 (https://acdh-tool-gallery.github.io/jean-paul-briefe-static/III_357.html)