Von Jean Paul an Emanuel. Bayreuth, 15. Mai 96.
Brieftext
Mein Lieber,
Gehöret das nicht unter die kleinen Träume unsers grossen Traums,
daß ich gestern Vormittags nach Bayreuth gekommen und heute
noch
nicht bei Ihnen gewesen bin — und leider auch nicht
sein werde? —
Ich habe Elrodt
belogen, ich habe mich belogen, blos um einer Frau
das Wort zu halten. Mit einem Wort die Frau v. Kropf hat mich
nach
Bayreuth hergeschrieben, fuhr mir Donnerstags, wo ich
kommen
wolte, bis Bernek entgegen, machte mich gestern 2 Stunden in
ihrem
Wagen und
[von] 3 Uhr bis 11 Abends in ihrer Stube
fest und legt
mich heute wieder vom 12 Uhr Essen an bis ich
weis nicht wie lange,
an ihre Perlenschnur. Morgen geht sie
nach Kulmbach — und dan
heb’ ich meine Flügel in die Höhe. Nicht einmal Vormittag kan
ich
Sie sehen, da
[ich] seit einer Stunde bis zum Anziehen
Briefe schmieren
mus. Mein guter Emanuel, entschuldigen
Sie diese Anomalie mit
der Nachsicht der Freundschaft und thun
Sie es auch bei meinem
Freund Schäfer — Ich weis aber, Sie
werden beide etwas [anders]
thun als mich entschuldigen — mich auslachen, wie wol ich
bin
Richter.
How to cite
Jean Paul - Sämtliche Briefe (statisch), herausgegeben von Hanna und Ronja, LaLe 2025 (https://acdh-tool-gallery.github.io/jean-paul-briefe-static/II_313.html)