Von Jean Paul an Renate Otto. Berlin, 29. Oktober 1800.

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Brieftext

Berlin d. 29 Okt. 1800.

Meine gute liebe Renate! In welchen Freudenhimmel auch mein
Auge hinaufsähe, es würde doch nas werden über den Schmerz, den
mir Ihr schönes Mutterherz enthüllet. Trost weis ich, ausser der
Zeit, hier keinen als noch den, daß diese kleinen Blumen, die der Tod
schon so nah an der Erde abbricht, in die helleren Auen kommen,
ohne gefühlt zu haben, was Erden-Sturm und Erden-Wetter ist.
Wenn diese Welt mit der über uns zusammenhängt: so kan ein Kind
nur unsere verlassen, weil es in jener nothwendig ist. Wenn nichts ver
geblich geschieht: so kan auch kein Tod vergeblich sein. —


Ich schreibe diese Worte in Eile. — Ich habe hier frohe Tage, fast
zu frohe für meine Gesundheit und Arbeit. —

Alles Liebe sei gegrüsset, in und ausser dem Hause! Ahlefeldt
grüsset Sie herzlich. — Lebe wohl, gute Mutter, unvergesliche
Freundin!

R.

Textgrundlage

Jean Pauls Sämtliche Werke, Historisch-kritische Ausgabe. Dritte Abteilung, Band 6. Hrsg. v. Eduard Berend. Berlin: Akademieverlag, 1952.

Kommentar (der gedruckten Ausgabe)

(H: ehem. Kat. Liepmanssohn 177, Nr. 367.) K: Renate 29 Okt. * J:Täglichsbeck S. 109. B: IV. Abt., IV, Nr. 11. 11,22 nothwendig] unentbehrlich K

Renates einjähriges Kind Albrecht war am 6. Oktober an den Blatterngestorben.

How to cite

Jean Paul - Sämtliche Briefe (statisch), herausgegeben von Hanna und Ronja, LaLe 2025 (https://acdh-tool-gallery.github.io/jean-paul-briefe-static/IV_12.html)