Von Jean Paul an Renate Otto. Berlin, 29. Oktober 1800.
Brieftext
Meine gute liebe Renate! In welchen Freudenhimmel auch mein
Auge hinaufsähe, es würde doch nas werden über den
Schmerz, den
mir Ihr schönes Mutterherz enthüllet. Trost weis
ich, ausser der
Zeit, hier keinen als noch den, daß diese
kleinen Blumen, die der Tod
schon so nah an der Erde abbricht,
in die helleren Auen kommen,
ohne gefühlt zu haben, was
Erden-Sturm und Erden-Wetter ist.
Wenn diese Welt mit
der über uns zusammenhängt: so kan ein Kind
nur unsere
verlassen, weil es in jener nothwendig ist. Wenn nichts ver
geblich geschieht: so kan auch kein Tod vergeblich sein.
—
Ich schreibe diese Worte in Eile. — Ich habe hier frohe Tage, fast
zu frohe für meine Gesundheit und Arbeit. —
Alles Liebe sei gegrüsset, in und ausser dem Hause! Ahlefeldt
grüsset Sie herzlich. — Lebe wohl, gute Mutter,
unvergesliche
Freundin!
How to cite
Jean Paul - Sämtliche Briefe (statisch), herausgegeben von Hanna und Ronja, LaLe 2025 (https://acdh-tool-gallery.github.io/jean-paul-briefe-static/IV_12.html)