Von Jean Paul an Johann Wilhelm Ludwig Gleim. Meiningen, 7. Mai 1802.
Brieftext
Verehrtester! Aus den Händen des Briefträgers gieng der Titan
sogleich in die des Buchbinders, damit er früher in Ihre
fliege. Er
wird Ihnen diesmal einen reinen Horizont aufthun,
den keine krause
Wolkengestalt durchschneidet. Zu Ostern 1803
bekommen Sie die
Volendung des Werks.
Alle Ihre Grüsse, mündliche und schriftliche, hat aus Ihrem Herzen
meines erhalten. Ich wünschte wohl, meiner Sie so liebenden
Frau
die Seeligkeit Ihres Anbliks zu bescheeren, so wie ich sie in
diesem
Sommer in Leipzig vor ihren
Vater führe.
Hier ruh’ ich ohne Wogen wie ein stiller See vor dem Himmel
und spiegle nur Bewegungen ab, ohne darin zu sein. Ich lebe sehr
froh mit dem Herzog und einigen andern; am schönsten mit
meiner
Braut — denn das bleibt meine Frau.
Möge dieser Titan meinem herlichen Gleim seelige Inseln
der
Vergangenheit und die tiefe Küste hinter dem Leben
zuweilen zu zeigen
vermögen! Mein ganzes Herz liebt und achtet
ihn recht sehr, den
einzigen Gleim!
How to cite
Jean Paul - Sämtliche Briefe (statisch), herausgegeben von Hanna und Ronja, LaLe 2025 (https://acdh-tool-gallery.github.io/jean-paul-briefe-static/IV_267.html)