Von Jean Paul an Johann Georg Jacob von Ahlefeldt. Coburg, 22. Oktober 1803.
Brieftext
Lieber Bruder! Du weist noch kein geschriebnes Wort davon, daß
ich in Coburg bin — daß ich im November wieder taufen
lasse — daß
meine Emma das schönste Kind in der
Stadt ist — daß Ernestine
zur Hülfe meiner Frau auf 3 Wochen hier bleibt — und daß ich
nicht
begreife, warum du schweigst. Dauert denn dein altes
Schneckenhaus
Leben noch fort, sogar
mit dem alten Müller? Dauert alles Alte noch?
Schreib mir ein wenig heller und breiter.
Ernestine hat sich sehr heiter, bestimt und besonnen
ausgebildet;
ihre Stimme und ihr Gesicht haben sich fast verschönert.
Meine Orts-Veränderungen waren bisher immer Verbesserungen;
in Rüksicht der Eden-Gegend gäb’ es hier für mich keine
Verbesserung
mehr, nur Verschlimmerungen. Am genialischen
Minister Kretsch
man und noch einigen andern hab’
ich was ich brauche.
Ich wolte, ich sähe dich einmal, wir wolten alte Stunden haben
und neueste dazu. — Fet und Bücher mach’ ich täglich mehr. Bei Cotta
kommen Flegeljahre 1804
heraus.
Grüsse die Berg und sag’ ihr, daß der Bruder der Herzogin
von
Kurland mich leider nicht zu Hause getroffen.
Hier würdest du nicht ohne Nahrung für deinen Geist sein; denn es
giebt kaum etwas Schöneres als unsere 3 Prinzessinnen. — Hörst
du
nichts von Kosmeli? Wie
stehts mit Merkel, Sander, Schlegel,
Kotzebue? Schreib doch viel.
Ernestine lebt und webt in Mahlman;
und sie hat ihn entweder
besser gemacht oder besser gefunden als wir glaubten. Eine
liebende
Ehe ist das beste Eisenmittel gegen alle
schwächende öde Liebe[lei].
Lebe wohl, alter Hans, und gedenke meiner bald bei mir, d. h.
schreibe. — Wie gefiel dir der 4. Titan, der seit langem mein bestes
Buch ist?
How to cite
Jean Paul - Sämtliche Briefe (statisch), herausgegeben von Hanna und Ronja, LaLe 2025 (https://acdh-tool-gallery.github.io/jean-paul-briefe-static/IV_415.html)