Von Jean Paul an August Ludwig von Spangenberg. Hof, 11. April 1789.

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Brieftext

[ Hof, 11. April 1789 ]

Die Juden glauben im Schlafe steige die Seele gen Himmel;
wenigstens geht meine darin oft nach Venzka und ich war gestern die
ganze Nacht bei Ihnen. Mir träumte: aus unserm Kreistage würde
nichts; aus meiner Warze würde etwas, nämlich etwas Grosses; unser
Punsch und andre Hofnungen würden zu Wasser, woraus sie genom
men sind; in Hirschberg schnizte man Prügel, nicht um den Katechis
mus sondern um die Liebe beizubringen und ich hätte heute nichts an
Sie zu schreiben. Nichts war mir lieber als dieser Traum oder vielmehr
seine Bedeutung, weil [ein] Tr[aum] das Gegentheil bedeutet — und
dieser ist durch Ihren Brief erfült. — Da die Freuden, die viel ver
sprechen, nicht viel geben, und bei der ersten Betastung ihren Schmetter
lingspuder fahren lassen, sodaß man nichts in Fingern hat als nakte
häutige Flügel: so wil ich mich abarbeiten, daß ich nichts davon er
warte; es wird aber nicht gehen.

Textgrundlage

Jean Pauls Sämtliche Werke, Historisch-kritische Ausgabe. Dritte Abteilung, Band 1. Hrsg. v. Eduard Berend. Berlin: Akademieverlag, 1956.

Kommentar (der gedruckten Ausgabe)

K: An Spangenberg den 11 Apr. i: Wahrheit 4,98.

Vgl. I. Abt., I, 222, Fußnote.

How to cite

Jean Paul - Sämtliche Briefe (statisch), herausgegeben von Hanna und Ronja, LaLe 2025 (https://acdh-tool-gallery.github.io/jean-paul-briefe-static/I_257.html)