Von Jean Paul an Christian Adam von Oerthel. Schwarzenbach a. d. Saale, 24. März 1790.
Brieftext
Ich sah, daß ich Recht hatte und 100 andre Unrecht, die Ihr gutes
Herz nicht so nahe gekant als ich... elende Denkungsart, wenn
man
ieder verläumdenden oder erzählenden Zunge die Liebe
aufopfert, die
sich auf den Umgang und die Kentnis
mehrerer Jahre gründet —
mühsame Überwindung, einem Spion und
Denunzianten guter
Menschen nicht
[?] zu glauben. Dieser Grundsaz hielt
mich noch
immer an Sie geknüpft troz Ihrer Entfernung von allem
bildenden
Umgang — troz Ihrem schädlichen Umgang mit Ihrem
Gärtner,
troz Ihrer Gleichgültigkeit für fremde Bücher,
mich und meinen
Briefwechsel und troz andern Dingen, die ich
hörte … Sie hätten mir
die Freude Ihres Briefes eher gemacht.
— Gleichwol so sehr mein
Buch und meine Lehrstelle meinem
irdischen Fortkommen Wind und
Segel geben — so gefället mir diese Erde wenig mehr, in der
meine
2 innigsten Freunde modern … die Hypochondrie
nahm ihn [Hermann]
uns und gab ihn dem Himmel und Ihrem Bruder wieder. So sinken
einem alle
Gefährte[n] aus der Morgenröthe des
Lebens ein und man
steigt in sein Grab einsam und ohne
Begleiter.. o sein Sie recht gut,
recht sanft, fliehen Sie den
eiternden Krebs alles Edeln und prägen Sie
die Gestalt
Ihres Bruders, die Ihr Körper trägt, auch Ihrer Seele
ein: damit wenn ich einst sein Grab suche und es leer finde
und sein
edles Herz verstäubt in Blumen wächset, ich ihn in
seinem Bruder
vom Tode auferstanden umarme und vergesse, was
mir fehlet … Ich
bitte Sie um eine Bitte um den Tristram etc.
How to cite
Jean Paul - Sämtliche Briefe (statisch), herausgegeben von Hanna und Ronja, LaLe 2025 (https://acdh-tool-gallery.github.io/jean-paul-briefe-static/I_313.html)