Von Jean Paul an Erhard Friedrich Vogel. Hof, 16. November 1784.
Brieftext
Hochzuverehrender Herr Pfarrer,
Es hat nicht viel gefehlet, so wäre ich stat dieses Briefes selbst ge
kommen: denn ich bin nun schon wieder in
Hof. Aber ich weis kaum,
ob ich mit dem Bewustsein der
Saumseligkeit, mit der ich Ihre Auf
träge
ausrichte oder vielmehr nicht ausrichte, Ihnen unter die Augen
treten darf und Ihr künftiger Brief wird mir erst der Erlaubnisschein
zu einem Besuche sein. Der Erfolg, den meine Bemühungen um den
Verkauf Ihrer Bücher hatten, ist nicht sehr geschikt, Sie
von dem
Eifer, womit ich ihn betrieben, zu überzeugen.
Denn ich konte bei
keinem Antiquar die grössere Samlung
anbringen: nicht blos an den
Preis stiessen sich die meisten:
sondern überhaupt die Leichtigkeit, mit
der sie durch
immerwährende Aukzionen zu allen Büchern kommen
können, macht
sie gegen diese Anerbiethungen gleichgültiger. Einzelne
Bücher freilich z. B. den Pokok, eine gewisses Museum,
etc. würden sie
gern nehmen; aber das werden Sie nicht wollen. Die A. Deutsche
Bibliothek und den Häberlin
wil Ihnen H. v. Örthel abkaufen,
wenn er zu Ostern nach Hause komt. Aber ich habe noch das
Schlimste
zu entschuldigen, oder vielmehr nur zu beichten. Den
Katalogus Ihrer
Bücher hab’ ich iezt nicht mitbringen
können, weil — ich wil es nur
gerade herausgestehen — weil er
nicht in Leipzig ist. Ein Dresdner
Antiquar, der die Messen besucht, hat ihn mir mit
fortgenommen.
Wenn Sie ihn nicht abgeschrieben haben und nicht folglich
seine Stelle,
bis wir ihn wieder erhalten, durch einen andern
vertreten lassen
können: so hab’ ich warlich nicht den
Muth, zu Ihnen zu kommen. Ich
wünschte fast, Sie verstelten,
um mich zu beruhigen, sich ein wenig in
Ihrer Antwort auf
dieses; wenn Sie können, so treiben Sie die Ver
stellung so weit, daß Sie mir das Lob ertheilen, daß ich mich
iederzeit
als Ihren gehorsamsten Diener — unterschrieben; denn warlich als
so einen bewiesen hab’ ich mich noch niemals.
Wenn Sie einem, der weder Bücher Ihnen kauft, noch verkauft,
doch noch welche zu lesen geben können: so würde ich Sie
bitten um
Klopstoks Gelehrtenrepublik — um den 2ten oder 3ten Theil
von Fueßlins Kezerhistorie — um
Bielefelds Statswissenschaft
oder um das neueste Register zur A. D. Bibliothek. —
Ich bin mit
weniger Hofnung, daß Sie mir soviel auf einmal, Bitten,
Fehler und
Entschuldigungen verzeihen werden, in gröster
Hochachtung
Ew. Hochehrwürden Hof den 16. Nov. 1784.
How to cite
Jean Paul - Sämtliche Briefe (statisch), herausgegeben von Hanna und Ronja, LaLe 2025 (https://acdh-tool-gallery.github.io/jean-paul-briefe-static/I_81.html)