Von Jean Paul an Georg Andreas Reimer. Bayreuth, 16. November 1822.

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Brieftext

Baireut d. 16. Nov. 1822

Drei Briefe, guter Reimer, hab’ ich auf einmal zu beantworten. Den
ersten fand ich erst bei meiner Rückkehr von Dresden. Blos die
beiden Velin-Exemplare der Mumien, welche Sie in Berlin glätten
ließen und mir zu schicken versprachen, hab’ ich nicht erhalten. Ihren
zweiten Brief über die Bogenzahl des Kometen konnt’ ich Ihnen nicht
viel eher beantworten als Engelmann gethan.

Und den dritten beantwort’ ich endlich mit herzlichem Dank für die
vollständige Bezahlung, sogar mit Überschuß. Letztern nehm’ ich nur
vor der Hand an, da sich wol Gelegenheit zum Ausgleichen darbieten
wird. Nur, mein freundlicher Reimer mit den schönen Augen, ver
schonen Sie mich zur Ostermesse mit dem Surplus-Honorar. Sie haben
mir genug an Geld gegeben und recht viel an noch etwas Besseren durch
die Nachricht, daß Sie durch den Absatz für Mühen und Wagen belohnt
geworden. Für mich gibt es keine frohere; denn dem Verleger ist bei
seinem Lottospiel und seiner prosaischen Mühe ohne den schrift
stellerischen Genuß des Erzeugens jeder Gewinn zu gönnen, sobald er
vorher gegen den Autor gerecht gewesen. Auch wird der leichte
Schwanzstern wol da Silberlicht geben müssen, wo der Hesperus
etwa rückgängig oder abnehmend erscheint. —


Die neue Auflage des Katzenbergers hab’ ich dem guten Max in
Breslau nicht versagen können und wollen.

Nun ist meinem dürftigen Lebens Spätjahre auch mein Voß ge
nommen, und auf dem kurzen Wege, den ich noch über der Erde zu
gehen habe, kann mir kein Freund mehr begegnen von solcher über
schwenglicher Liebe, von solcher fast weiblichen Anhänglichkeit an
meinem Herzen. Noch die letzten matten dämmernden Stunden mühete
er sich an der Korrektur des Kometen ab; und ich konnt ihm nichts dafür
thun und geben, dem bis in den Tod treuen Herzen. Ich bin nun hin
länglich beraubt; der Dualismus, an den ich glaube (daß alles Böse,
wie Gute, 2 mal kommt, nicht dreimal), hat in Heidelberg sein zweites
Opfer gefunden.


Es geh’ Ihnen froher und alle Ihrige erhalte Ihnen Gott!


Ihr Jean Paul Fr. Richter

Textgrundlage

Jean Pauls Sämtliche Werke, Historisch-kritische Ausgabe. Dritte Abteilung, Band 8. Hrsg. v. Eduard Berend. Berlin: Akademieverlag, 1955.

Kommentar (der gedruckten Ausgabe)

H: Kat. 674 Stargardt (März 2001), Nr. 231; ehem. Slg. Apelt. 4 S. 8º. K: Reimer 16. Nov. i: Wahrheit 8,312×. J: 2. Verzeichnis der Autographen-Sammlung Karl Bädeker, Coblenz 1866, S. 125.(Wiederabgedr. von Kurt Schreinert, Hesperus Nr. 6, Okt. 1953, S. 37f.) B 1: IV. Abt., VIII, Nr. 159. B 2: IV. Abt., VIII, Nr. 205. B 3: IV. Abt., VIII, Nr. 216. 209,25 Besseren] aus Besserem H 35 Lebens] nachtr. H 210,3 mühete] aus machte H 5 bis in den Tod treuen] aus todtreuen H

Reimer hatte in B 1 4 Freiexemplare der Unsichtbaren Loge und alsHonorar für den Kometen einen Wechsel auf Frankfurt über 400 fl. geschickt und eine freiwillige Nachzahlung zur Ostermesse 1823 in Aussichtgestellt, zu der ihn der gute Absatz des Kometen instandsetze. In B 2 hatte er um Angabe der Stärke des schon bald zu Ende gedruckten3. Bandes gebeten und gefragt, ob er die besseren Freiexemplare derUnsichtbaren Loge, zu deren Einsendung ihn der Buchdrucker (Engelmann)aufgefordert, nicht schon im Mai geliefert habe. In B 3 hatte er in einemWechsel auf Augsburg 1200 fl. rh. gesandt, d. h. 80 fl. über das stipulierteHonorar, als einen Teil der versprochenen Nachzahlung, und das Gerüchtvom Tode des jüngeren Voß erwähnt.

How to cite

Jean Paul - Sämtliche Briefe (statisch), herausgegeben von Hanna und Ronja, LaLe 2025 (https://acdh-tool-gallery.github.io/jean-paul-briefe-static/VIII_350.html)