Von Jean Paul an Henriette Freifrau von Ende. Bayreuth, 17. September 1823.
Brieftext
Verehrteste Freundin! Während meiner Anwesenheit in Nürnberg
kam Ihre musikalische Doppelgabe an, die nun oft statt
Ihrer zu uns
sprechen wird. Meine Töchter konnten die erste
Entzückung gar nicht
erwarten, welche ihnen die unsichtbare Geisterhand der
All-Harmonien
brachte. Haben Sie innigsten Dank,
unerschöpfliche Geberin, für diese
neueste Sorge um
unsere Freuden. Manche mögen wol so oft und
reichlich geben
wie Sie, aber so gewählt und geschmackvoll wie Sie,
weiß ich
niemand.
Das auswärtige Glück des so mutterliebenden und muttergeliebten
Sohnes erfreut mich für zwei Herzen.
In Nürnberg hatt’ ich keine solche Stunde wie in Dresden ganze
Tage. Möge mir der Himmel im Frühjahr den Ersatz der
fehlge
schlagnen Erwartungen in
Dresden gönnen! — Zum Glück find’ ich
diesen Ersatz eigentlich schon jetzo zu Hause an drei
geliebten Herzen, die
ich immer weniger entbehren kann, je länger ich sie schon
gehabt.
Möge Gott Sie und Ihren Geliebtesten immer in dem Genusse ihres
schönen und wohlthätigen Lebens erhalten!
Jean Paul Fr. Richter
How to cite
Jean Paul - Sämtliche Briefe (statisch), herausgegeben von Hanna und Ronja, LaLe 2025 (https://acdh-tool-gallery.github.io/jean-paul-briefe-static/VIII_395.html)