Von Jean Paul an Josephine von Welden. Bayreuth, 19. März 1824.
Brieftext
Gnädige Frau!
Ob gleich der Dichter sich nicht wiederholen soll, so thu’ ichs doch jedes
Jahr mit Freuden in diesen Geburtstagblättchen, und gern bin
ich ein
Nachbeter und Echo der andern, sobald sie ihre
Wünsche für Ihren
schönen Tag aussprechen. Ein Wunsch
des Kleinern — denn das
Schönste hat Ihnen der Himmel schon
gegeben, nämlich Herzen Ihrem
Herzen — ist von uns allen
der, daß Ihnen in diesem Jahre alle
Gelegenheit genommen
werde, sich zu zeigen, nämlich sich zu verbergen,
wenn Sie
leiden; und daß besonders die Morgennebel Ihrer Kränk
lichkeit auf immer fallen, ob sie
gleich den Tag Ihres Geistes unver
finstert lassen müssen. Möge denn jeder Schritt auf Ihrer Lebens
Bahn einer durch bethaute Auen sein, wo die Thautropfen
unter dem
Gehen immer den Glanz und die Farben anderer
Edelsteine an
nehmen!
Ihrer Exzellenz
ergebenster
Jean Paul Fr. Richter
How to cite
Jean Paul - Sämtliche Briefe (statisch), herausgegeben von Hanna und Ronja, LaLe 2025 (https://acdh-tool-gallery.github.io/jean-paul-briefe-static/VIII_424.html)