Von Jean Paul an Johann Friedrich Freiherr Cotta von Cottendorf. Bayreuth, 25. August 1820.
Brieftext
Gott gebe nur, daß der Aufsatz noch in den Damenkalender hinein
kann. Für die Damen hätt’ er durch seine Beziehung auf fünf
berühmte
Anziehung genug. Daher bitt ich Sie auch,
meinem gewöhnlichen
Exemplare diesesmal 5 sehr gute, für die
Herzogin von Kurland, ihre
Schwester und ihre 3 Prinzessinnen beizulegen und sogleich
nach dem
Abdrucke zu senden.
An Ihrem Müllner haben Sie einen zweiten Merkel, nur ohne dessen
Witz und Sprachleichtigkeit; an Bosheit mögen sie
einander ähnlicher
sein. Neulich verdrehte er Göthe’s Urtheil über mich in seinem west
östlichen Divan, geradezu aus Rache zu
einem entgegengesetzten. Seine
langweiligen Scherze, womit er
nicht die Wahrheit sondern nur sich
vertheidigt, sind
Disteln, welche nicht allen Thieren des Feldes schmecken
werden. Lassen Sie ihn, bei seiner rachsüchtigen
Gemüthlosigkeit, ja
nie meine Werke beurtheilen in Ihrem
Blatte. Ich wünsche nicht, daß er
mich zwingt, diesem Heiligen wie dem verschollnen Merkel zu er
scheinen und ihm die nöthigen Wundenmale
oder Stigmen aufzu
drücken. — —
Im Nothfalle — was der Himmel verhüte — müßte der Damen
aufsatz mit einigen Veränderungen ins
Morgenblatt.
Mit alter Zuneigung
Jean Paul Fr. Richter
How to cite
Jean Paul - Sämtliche Briefe (statisch), herausgegeben von Hanna und Ronja, LaLe 2025 (https://acdh-tool-gallery.github.io/jean-paul-briefe-static/VIII_87.html)