Von Jean Paul an Sophie Paulus. Bayreuth, 5. September 1817.
Brieftext
Meine gute Sophie! Sie und Ihre herrliche Mutter haben mir
innig wolgethan mit Ihren Blättchen. Unser ganzer
Schauplatz,
unsere Berge und unsere Thäler und unser
Neckar, alles hat sich
nun in dürftiges Postpapier verwandelt und es gibt
keine Stimme
und kein Auge mehr. —
Am Son[n]tage vor 8 Tagen ging eben die
Sonne unter, als ich
in Würzburg
einfuhr, und ich blickte lange in sie; aber sie ging allein
unter, und unsere Tage nicht. So bleib’ es! Außer uns ist
ohnehin
ewiges Vergehen: desto fester sei in uns
das Bestehen der Stunden,
die sich von Außen ins Innere
geflüchtet!
Meine Tochter Emma dankt Ihnen in ihrem eigenthümlichen
Stile. — Ihrer so innig von mir geliebten Mutter dankt
meine
Frau — eine Caroline der andern —
für die schöne Wahl des
Dimitty.
Herzlich grüß’ ich Ihren Vater, dem ich doch noch einen Morgen
abschied während Ihrer Träume zum
Fenster hinauf schicken konnte.
Und so lebe denn wol, unvergeßliche Sophie und schreibe mir vor
allen Dingen jeden Schmerz, den du hast; denn deine
Freuden
kenn’ ich.
Uns scheidet nichts; kein körperlicher Abschied, auch das höchste
Glück nicht, das ich dir so innig wünsche.
How to cite
Jean Paul - Sämtliche Briefe (statisch), herausgegeben von Hanna und Ronja, LaLe 2025 (https://acdh-tool-gallery.github.io/jean-paul-briefe-static/VII_321.html)