Von Jean Paul an Johann Friedrich Freiherr Cotta von Cottendorf. Heidelberg, 29. Juni 1818.
Brieftext
Hier, höchstgeschätzter Herr Hofrath, send’ ich Ihnen einen zu
kurzen Aufsatz für den Damenkalender und einen zu langen für
das
Morgenblatt, welchem Sie indeß durch die Menge der
Abbre
chungen unschädlicher den Schein der
Länge benehmen können als
einem kleinen Romane. Sogar der
alte Voß ist sehr für den Aufsatz.
Dem jungen (Heinrich V.) bitt’ ich
Sie von den beiden Freiexem
plaren, die Sie mir gewöhnlich
senden, das eine zuzufertigen.
Blos Wangenheim hab’ ich in Frankfurt gesucht; und blos durch
ihn (und den Buchhändler Wenner)
hab’ ich ein Frankfurt ge
funden, und zwar dritthalb Wochen lang.
Mit Freuden fand ich
das vorige vestalische Jugendfeuer auf
seinem Altare wieder, das
er frei in die Höhe brennen läßt, unbekümmert welche
diplomatische
Perücken oder Ordenbänder er damit versenge
oder wohin der Wind
der jetzigen Zeit es abwehe. Aber Feuer
kann man in den diploma
tischen
Polarzirkeln immer gebrauchen.
Sonach aber hab’ ich freilich mein Versprechen, Sie zu sehen, nur
zur Hälfte, nämlich blos an Ihrem Freunde erfüllt; denn ich
gehe
in künftiger Woche nach Hause, wohin ich Sie auch
Ihre Antwort
zu senden bitte. In diesem Jahre hab’ ich
für die Zukunft den
Grundsatz gelernt, nie zwei Städte mehr
hinter einander genießen
zu wollen.
Mithin werd’ ich einmal Stuttgart drei Wochen hinter
einander
bewohnen und blos dieses und dann anspannen lassen.
Möge Sie der Himmel mit reichen Erinnerungen aus den reichen
Paradiesen Europas heimkommen lassen!
Meine zwei vorigen Perioden reimen sich; aber mir ist es lieb,
wenn ich mich auf Sie reime; besonders meine Reisen auf die
Ihrigen.
Dr. Jean Paul Fr. Richter
How to cite
Jean Paul - Sämtliche Briefe (statisch), herausgegeben von Hanna und Ronja, LaLe 2025 (https://acdh-tool-gallery.github.io/jean-paul-briefe-static/VII_435.html)