Von Jean Paul an Maximilian Graf von Montgelas. Bayreuth, 8. September 1815.
Brieftext
Ew. Ex[zellenz] bitt’ ich um die Gnade,
unter der Menge so vieler
wichtigen Angelegenheiten, welche
Ihren Blick erwarten, auch einen
flüchtigen auf eine kleine zu
werfen. Möcht’ ich meine Bittschrift
so kurz machen
als eine Antwort auf eine ist!
Im Jahre 1808 wurde mir vom Fürsten-Primas eine jährliche
Pension von 1000 fl. rh. aus der Zivilliste bewilligt, um
den arm
gebornen Schriftsteller nach 25
Jahren schriftstellerischer Arbeiten
in armmachenden Zeiten
zu unterstützen.
Nach der Abdankung des Großherzogs von Frankfurt wurde mir
die Pension von dem provisorischen Gouvernement blos bis
Ende
J. 1813 ausgezahlt; und ich mußte seitdem die Lasten
der Zeit,
besonders des Kriegs allein und ohne andere Hülfe
als die geringe
tragen, welche der gesunkene Buchhandel geben
konnte.
Nach anderthalb Jahren Verlust darf ich mir vielleicht aus fol
genden Gründen die kühne Hoffnung und Bitte der
wiederkehrenden
Unterstützung durch meinen Landes Vater
erlauben.
Ich bin ein gebornes Landes Kind Seiner königlichen
M[ajestät]
aus Wonsiedel gebürtig. Nie hab’ ich, nachdem ich 30 Jahre
lang
für Religion, Dichtkunst und Philosophie mit einiger
Zufriedenheit
Deutschlands gearbeitet, von meinem
Vaterlande eine Unter
stützung erhalten, sondern blos in ihm
die auswärtige und meinen
schriftstellerischen Erwerb
verwandt.
Da nun jetzo das Fürstenthum, dessen Fürst mir die erste und ein
zige gegönnt, auch ein Theil
meines Vaterlandes geworden: so hab’
ich vor
E[uer]
Ex[zellenz], die Sie das Licht- und
Sonnensystem der
Wissenschaften von den Akademien an bis zu
den Landschulen herab
gleichsam als eine geistige Milchstraße heruntergeführt und
mit
unermüdeter Kraft fest erhalten, vielleicht meine
Hoffnungen mehr
vorzutragen als zu entschuldigen
nöthig.
— So überlass’ ich denn schweigend meine Zukunft dem mäch
tigsten und beredtesten Vertreter meiner Sache — dem Auge
eines
großen Staatsmannes.
Ew. Exzellenz
Jean Paul Friedrich Richter
How to cite
Jean Paul - Sämtliche Briefe (statisch), herausgegeben von Hanna und Ronja, LaLe 2025 (https://acdh-tool-gallery.github.io/jean-paul-briefe-static/VII_84.html)