Von Jean Paul an Friederike Wilhelmine Caroline. Bayreuth, 8. September 1815.
Brieftext
Allergnädigste Königin!
Aus Dankenden werden immer wieder Bittende — dieß erfahren
Königinnen oft, und Ew.
K[önigliche]
M[ajestät] am meisten, je
öfter Sie diese in jene verwandelt; und der, welcher diesen
Fehler
der Dankbarkeit hier bemerkt, begeht ihn sogleich
darauf.
Ich habe heute gewagt, Seiner K[öniglichen]
Majestät die Bitte
um die Erneuerung der unterbrochenen Pension von 1000 fl.
rh.,
welche mir der Fürst Primas so lange gegeben
als er Fürst von
Aschaffenburg war, vorzutragen, und mich als ein
eingebornes
Landes Kind, das während dreißigjähriger
schriftstellerischer An
strengungen immer
nur außerhalb des Vaterlandes unterstützt
worden, meinem
gnädigsten Landes Vater darzustellen.
Wenn Güte die warme helle Morgen- und Sonnenseite des
Thrones
ist: so ruht der Thron, worauf die gütigste Gemahlin des
gütigsten Gemahles regiert, im vollsten Glanze.
Weiter geb’ ich meiner Bitte und Hoffnung keine Worte mehr.
Das Herz meiner Königin kann schöner für mich sprechen als ich
selber. — —
Möge die schöne Seele, welche, wie jener Engel, vor dem Para
diese steht, aber nicht um, wie er, es zu verschließen,
sondern um es zu
öffnen, nie andere Stunden erleben als
solche, die sie belohnen!
Mit tiefster Ehrfurcht
How to cite
Jean Paul - Sämtliche Briefe (statisch), herausgegeben von Hanna und Ronja, LaLe 2025 (https://acdh-tool-gallery.github.io/jean-paul-briefe-static/VII_85.html)