Von Jean Paul an Emma, Caroline, Max und Odilie Minna Richter. Nürnberg, 7. Juni 1812.

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Brieftext

Nürnberg d. 7. Jun. 1812

Liebe Karoline! Noch vor deinem hoffentlich schon ab[ge]schickten
Briefe schreib’ ich meinen. In der Beilage an Otto und Emanuel
findest du die Hauptzüge meiner Reisegeschichte. Wie eine Blüten
laube umgibt mich mein Zimmerchen, und keine einzige Bequem
lichkeit fehlt. Die gute 79jährige Hausfrau und eine vortreffliche
Magd sorgen für alles. — Meine Adresse ist: No. 322 auf dem
Roßmarkt bei Mad. Krause. (Sophie Kettenburg war meine
Vorgängerin.) Gib deine Briefe Vormittags auf die Post; mein
letzter am Freitag um 3 Uhr aufgegeben blieb dennoch liegen. Ich
bin wieder wie in Erlangen auf eine so unbegreifliche Art gesund,
ob ich gleich während der 4 tägigen Anwesenheit Jacobis im Essen
und Trinken mehr gewagt habe als in Baireuth in 4 Monaten. —
Gib blos (du siehst, ich schreibe alles durch einander) Laubthaler
und zumal halbe aus und besonders bei Kaufleuten; kaufe einige ℔
Kaffee und Zucker, und anderes Unentbehrliche in Quantität. —
Schreibe mir recht viel von meinen lieben Kinderlein; und lasse sie
selber (aber ohne Einhülfe) an mich schreiben nur auf kleinen
Zettelchen. — Lies ja meinen hinterlassenen Haushalts Zettel
manchmal.


Seebeck wollte schon heute ankommen; und dieß wäre mir herz
lich lieb gewesen, damit doch mein Brief die Feier deines heutigen
Tags beschlossen hätte. Ich feiere ihn einsam und liebend mit
lauter Wünschen schönerer Tage als du im vorigen Jahre gehabt;
und ich will sie mit keinen Wolken verfinstern, die am Ende auch
immer über mir so kalt-finster stehen bleiben. Gebe dir und mir
Gott nicht die Liebe (denn diese ist da) sondern die besonnene
Handelns Kraft dazu, ohne welche jene nur wider sich selber wirkt.
Es gehe dir besser, gutes Weib! Du erräthst wie sehr ich mich
nach deinen Briefen sehne. Nimm mit der Wahl des Andenkens
vorlieb. Die vortreffliche Frau des Prof. Hegels hab ich wählen
und kaufen lassen.


Dein
Richter

Meine gute Emma! Schreibe mir recht bald und sage mir, was
ich dir mitbringen soll, und sei recht ordentlich!


Mein guter Max! Schreibe mir auch recht bald. Für dich hab’
ich schon etwas eingekauft. Sei der Mutter recht gehorsam!

Meine Odilia! Schreibe mir auch und sage, was du gern möchtest,
und sei recht sanft!


Jacobi hätte so gern dich und die Kinder gesehen. Meinen
Emanuel und Otto hab’ ich ihm recht geschildert und ihn voll
Wunsch gemacht.


Textgrundlage

Jean Pauls Sämtliche Werke, Historisch-kritische Ausgabe. Dritte Abteilung, Band 6. Hrsg. v. Eduard Berend. Berlin: Akademieverlag, 1952.

Kommentar (der gedruckten Ausgabe)

H: Goethe- u. Schiller-Archiv. 3 S. 4°; 4. S. Adr.: An Caroline Richter. J 1: Wahrheit 7, 275×. J 2: Nerrlich Nr. 135×. A: IV. Abt., VI, Nr. 200. 270, 16f. Blütenlaube] aus Blumenlaube 27 kaufe] aus nimm 271,1 im] davor gestr. seit

Jean Paul sandte Karoline zum Geburtstag ein Kleid, s. 277,27 .

How to cite

Jean Paul - Sämtliche Briefe (statisch), herausgegeben von Hanna und Ronja, LaLe 2025 (https://acdh-tool-gallery.github.io/jean-paul-briefe-static/VI_649.html)