Von Jean Paul an August Leopold Emil. Bayreuth, 22. September 1804.
Brieftext
In 14 Tagen kommt mein zweiter Brief an Ihre Durchlaucht
mit der
Aesthetik, aber — ohne die Dedikazion. Denn die philo
sophische Fakultät in Jena erlaubt mir
nicht, Sie zu loben — aus
genommen ganz
gemein, nämlich das Ungemeine. Der Zensur
Dekan fuhr noch fort zu erstaunen und zu
verneinen, als ich ihm
die Beweise zugeschickt, daß eine Person,
die die Dedikazion gewiß
so nahe angeht als ihn selber, solche
genehmigt habe, nämlich Sie.
Was ist aus solchen Fakultisten zu
machen? Nichts als einige Bogen
voll Ernst und Scherz,
wenn Ihre Durchlaucht den Bogen, die den
Ernst enthalten, das
Imprimatur gewähren, das der Dekan ver
sagte. Ich würde nämlich die Dedikazion — diese ist der Ernst
—,
sammt der Geschichte ihres Isolierens — diese ist der Scherz
—,
nebst einigen allgemeinen Anmerkungen über meine und alle
Zen
soren, besonders drucken und brochieren lassen, wenn Ihre Durch
laucht es mir erlauben. Ja ich könnte diese Zueignung Ihnen
wieder
zueignen. Ich bitte Sie sehr um diese Erlaubniß des
Isolierens, da ja
ohnehin Ihre Vorzüge Sie daran gewöhnt haben,
isoliert und einzig
zu sein. Doch würd’ ichs im schönen Falle
des Ja für meine Pflicht
halten, vor dem Drucke Sie zu meinem ersten Leser zu
machen,
nicht aber — was nur Sie und der Himmel verhüten — zu
meinem
letzten.
Der stärkste Grund meiner Bitte ist dieser: Ihre Durchlaucht!
geben Sie das Beispiel eines fürstlichen Großsinns, das Sie jetzt
erst mir und dem weltweisen Dekan in Jena verborgen gegeben,
den kleinstädtischen Deutschen öffentlich, die nicht anders zu loben
wissen als chapeau-bas und tête-bas ou basse und bas.
Bayreuth d. 22. Sept. 1804.
unterthänigster, verbotener Dedikator
J. P. F. Richter
How to cite
Jean Paul - Sämtliche Briefe (statisch), herausgegeben von Hanna und Ronja, LaLe 2025 (https://acdh-tool-gallery.github.io/jean-paul-briefe-static/V_13.html)