Von Jean Paul an Johann Georg Jacob von Ahlefeldt. Weimar, 11. August 1800.
Brieftext
Mein guter Hans! Heute —
Mein guter Hans! Heute den 11 Aug. sez’ ich die Schreiberei vom
10. Jun. fort. Aber warum fängst du nichts an, keine Antwort auf
meine? Zur häslichen Länge des Postkurses seze nicht noch die
des
Schweigens. Du hast mir tausend Dinge und noch überdem
allerlei
von meinem Logis — von der Bernhard — von dem melodischen
air à trois notes (so nenn’ ich die
drei Herzensschwestern, die du zu
grüssen hast) — und von unserer Zukunft — und deiner
Gegenwart —
und von Henriette, die
auch grüsse, zu melden. Matzdorf hast du zu
melden, daß ich leider das „Register, Götter“ betitelt, an
dem mir
viel liegt, nicht bei den Stiefeln gefunden;
und daß ich ihn und die
guten Seinigen grüsse.
Weimar belastet mich und ich schmachte nach mittelmärkischer
Luft,
die so schöne Lippen bewegen.
Beantworte nebst diesem Blat auch das vorige und zögere nicht
Jahrhunderte lang. Unsere wechselseitigen Erzählungen wachsen
an
und wir beide brauchen Gegenwart.
An meinem Fenster redet jezt eine Aeolsharfe, die der Finger der
Natur anschlägt, der sich in wilden und leisen Wellen
herumtummelt.
Der unartikulierte Wind hat nun eine
artikulierte Sprache und bringt
mir die Worte des
Naturgeistes.
Lebe froh, mein Theuerer! Liebe mich und schreibe mir!
How to cite
Jean Paul - Sämtliche Briefe (statisch), herausgegeben von Hanna und Ronja, LaLe 2025 (https://acdh-tool-gallery.github.io/jean-paul-briefe-static/III_501.html)