Von Jean Paul an Karl August Freiherr von Hardenberg. Bayreuth, 2. Mai 1805.

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Brieftext

Kopie
[ Bayreuth, 2. Mai 1805 ]

Erlauben Sie mir, in Ihre Ehrenpforte noch einige Zwick
steinchen einzuschieben. Philemon und Baucis müssen — wenn
sie gesagt haben, daß ihnen Pluto erlaubt habe, das Elysium
weniger zu verlassen als zu vertauschen, da sie es hier oben wieder
fänden — doch ihre 2te Verwandlung motivieren, etwa so daß sie
das Vergnügen, als Griechen Götter zu bewirthen, gern in das
höhere verwandeln, einem solchen König als Ritter anzugehören,
oder so daß zu Baucis Jupiter ohne Gött[innen] kam, jetzt aber mit
ihnen. — etc. Nämlich es sängen etwa so viele Berggött[innen] als
Er Berge bestiegen hatte und besteigen will; sie und die Najaden
freuen in wechselnden Chören sich über sein Kommen und die
gemeinschaftliche[?] Königinn: Er macht den Berg zum Thron, Sie
macht den Berg zum Olymp. Die Oreaden wollen die Najaden be
siegen, weil jene aus ihrer Tiefe Ihm die Göttinn des Gesund
brunnens ihn zu empfangen zugesandt und Er bei ihr am längsten
weilt. Die Najaden sagen, daß eine von ihnen Ihn am weitesten
begleite, bis ihre Schwestergöttinn Ihn aufnehme. Dann mögen
beide diesen Frieden schließen: vor Ihm sind wir alle gleich, denn wir
sind alle glücklich, und wenn Er geht, so werden es unsere Schwester
Göttinnen — einfache Anspielungen in deutschen Wulst verstecken.

Textgrundlage

Jean Pauls Sämtliche Werke, Historisch-kritische Ausgabe. Dritte Abteilung, Band 5. Hrsg. v. Eduard Berend. Berlin: Akademieverlag, 1961.

Kommentar (der gedruckten Ausgabe)

K: Hardenberg 2 Mai. i: Wahrheit 7,39× (an den Minister v. Hardenberg). 39,15 ihnen. —] danach Meine Muse würde ihre Blumen zum Festkranz an Ort und Stelle pflücken. i, wahrscheinlich Zusatz von Förster 16 will] aus wollte

Der Brief ist vielleicht nicht an den Minister Hardenberg gerichtet, wie Nr. 114, sondern an dessen Bruder, den Landjägermeister Georg von Hardenberg, der mit der Vorbereitung der Wunsiedler Empfangsfestlichkeiten betraut worden war und Jean Paul ein Festspiel „Philemon und Baucis“ übersandt hatte, das vor dem preußischen Königspaare aufgeführt werden sollte. Jean Paul dichtete dazu einen „Wechselgesang der Oreaden und Najaden“ (I. Abt., XVII, 159—162), dessen Inhalt er hier angibt. Emanuel schreibt am 3. Mai 1805 an Thieriot: „Unser Richter hat prächtige Ideen zu Festen und Feyerlichkeiten beim Empfang und Dasein unserer Majestäten auf Verlangen abgegeben. Nun will er auf meinen Vorschlag auch ein Gedicht fertigen.“

How to cite

Jean Paul - Sämtliche Briefe (statisch), herausgegeben von Hanna und Ronja, LaLe 2025 (https://acdh-tool-gallery.github.io/jean-paul-briefe-static/V_100.html)